Wie das Glück zählt auch die Gesundheit zu den Geschenken der Natur, die wir erst dann hervorkramen und genauer betrachten wollen, wenn sie dahin sind. Wer sich bester Gesundheit erfreut, lebt ohne Sorge und verschwendet nicht den geringsten Gedanken an etwas, das so fraglos da ist wie die Liebe und die Luft zum Atmen. Erst für Kranke wird Gesundheit zum Thema, zum Problem und zum Ideal. Erst die Krankheit ruft die Heilsgeschichtenerzähler, die Problemlöser und die Ideologen auf den Plan. Weil die Helfer in der Not vom Kranksein profitieren, haben sie ein zwiespältiges Verhältnis zum Gesundsein. Als Praktiker betrachten sie es als den mit allen Mitteln der ärztlichen Kunst herbeizuführenden Endzweck der Heilung, als Unternehmer entwerfen sie jedoch eher das Zerrbild eines von Krankheiten wie von hungrigen Hyänen umlauerten Sorgenfalls. Medizin war so gesehen von Anfang an das Metier derer, die sich auf Kosten der Gesundheit um die Heilung von Krankheiten verdient gemacht haben.
Bekanntlich ist die Bewirtschaftung der Sorge um die Gesundheit heute ein Milliardengeschäft. Betrieben und befördert wird es nicht zuletzt von der medizinischen Wissenschaft, die täglich neue Krankheiten, Gesundheitsrisiken und Pandemie-Erregungen auf den Markt wirft. Um des Lebens willen versorgt sie die Lebenden mit Todesangst.
Schon den Jüngsten bereitet heute jeder Schritt höllische Qualen. Die Körperfresser lauern überall. Der Äther bebt vom Getöse der Ratschläge, Warnungen, Gebote und Verbote. Tabak ist tödlich. Wein ist tödlich. Brot ist tödlich. Salz ist tödlich. Luft ist tödlich. Leben ist tödlich.