Bekanntlich ist das Klima, das als Witterungsgegebenheit der Natur angehört, heute auch ein Kulturphänomen. Und zwar nicht deswegen, weil wir es irgendwie verhunzt hätten, sondern weil Wissenschaftler es auf die Agenda gesetzt und somit zu einem Streitobjekt und zu einem Gestaltungsthema gemacht haben. Warum haben sie das getan? Um die Welt zu retten, sagen die Idealisten. Um die Interessen bestimmter Mächte am Erhalt des klimatischen Status Quo zu vertreten, sagen die Realisten. Um ihre eigenen Pfründe zu sichern, sagen manche Ketzer. Du und ich sagen dies und das. Einer begreift die Klimafrage vielleicht als sittliche Aufgabe, verkauft sein Auto und setzt sich für eine klimaneutrale Energiepolitik ein. Ein anderer legt sich Scheuklappen und einen SUV zu.
Aber selbst die leichtesten Scheuklappen sind fühlbar, und selbst unbedingtes Engagement befreit nicht von allen Lasten: Uns alle bringt das Wissen um die (vermeintliche) Machbarkeit des Klimas in die unglückselige Lage, das Wetter nicht mehr als etwas schlechthin Gegebenes anzusehen und anzunehmen, sondern zu fragen, was Sonne, Wind und Regen wohl heute in Bezug auf die allgemeine Klimaentwicklung bedeuten mögen. Ein Bereich der Wirklichkeit, der einmal so selbstverständlich war wie der Wechsel von Tag und Nacht, ist zu einem Problem geworden, das jeden einzelnen Menschen verunsichern und zermürben muss, weil kein einzelner Mensch es lösen kann. Jeder Sonnentag erscheint heute verdächtig, jede stärkere Windböe erinnert an eine Schuld, jeder Regenguss wirkt wie gestohlen. Und niemand kann sich dieser Eindrücke einer vergällten, ungenießbar gemachten Natur erwehren. Gegen das graue Gift der Sorge, das unablässig aus dem Tropf der Subtexte in unser Nervensystem rinnt, ist kein Protest möglich.