Fundamentalkritik der Technik beginnt mit der Einsicht, dass technische Hervorbringungen in vielerlei Hinsicht nützlich, aber im Ganzen gesehen schädlich sein können. Die Waffentechnik zum Beispiel. Je besser eine Waffe ihren Zweck als Werkzeug des Tötens erfüllt, desto tödlicher sind in der Regel die vom Techniker nicht berücksichtigten zivilisatorischen Folgen ihres Gebrauchs. Ähnliches gilt für Autos, für Computer, für Medikamente. Je besser sie sind, desto schlechter sind sie womöglich.
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Technikkritik wendet sich nicht gegen das Gute, vielmehr wendet sie sich im Namen des Guten gegen das unbedingte Bessermachen. Dabei liegt ihren Einwänden jener starke, platonische Begriff des Guten zugrunde, demzufolge das Gute in jeder Hinsicht gut ist. Technisch erzeugte Veränderungen zum Besseren sind stets zielorientiert und richtungsgebunden. Techniker machen Geräte in der Regel nur schneller, billiger, handlicher, kleiner, effizienter. Gelingt es ihnen dann doch einmal, eine Sache gut zu machen, finden sich sofort andere, die sie verschlechtern, indem sie sie verbessern wollen oder müssen.
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Als Rationalisten verfallen wir allzu leicht dem Reinheits- und Ordnungswahn der zweiwertigen Logik, die ein Drittes neben dem Wahren und dem Falschen nicht zulässt. Zur Ordnung der Dinge nach dem Schema des »Entweder-Oder« neigen wir leider auch im Bereich der moralischen, ästhetischen oder politischen Bewertungen von Tatsachen und Sachverhalten. Es darf dann nicht sein, dass etwas zugleich gut und schlecht ist. Dabei trifft genau dies für nahezu alles zu. Atomkraftwerke sind gut und schlecht, Nationen sind gut und schlecht, ich selber bin gut und schlecht.
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Manche Leute singen das Lob der Verhältnisse so laut, dass es weh tut. Schau, wieviel wir erreicht haben und wie gut es uns geht. Der Frieden, die Freiheit, der Komfort. Wie bequem heute alles ist. Die schönen Geräte, die billigen Flüge, die vollen Supermärkte! Die großen Chancen! Ja, es sind unbestreitbare Tatsachen. Aber sie prasseln auf mich nieder wie ein Bonbonregen, der jede Kritik im Keim ersticken soll. Ich soll das offenkundig Richtige sofort und rückhaltlos als das einzig Wahre anerkennen.
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Im übrigen gilt natürlich: Es gibt nichts Gutes, außer man lässt es gut sein.